Beschluss zur besseren Regenwassernutzung und Entsiegelungsförderung

Die Mitgliederversammlung vom 09.03.2022 beschließt den Antrag der AG Klima zur besseren Regenwassernutzung und Entsiegelungsförderung.

Begründung:

Die Region Halle hat durch den Klimawandel mit Dürre, Trockenheit und im Sommer mit in der Summe abnehmenden, aber ereignisbezogen intensiveren Niederschlägen zu rechnen. Im Klimaschutzkonzept (KSK) der Stadt Halle wird als Kernziel genannt, die Verwundbarkeit gegenüber den Folgen des Klimawandels zu mindern und die Anpassungsfähigkeit natürlicher, urbaner und gesellschaftlicher Systeme zu erhalten. Von besonderer Bedeutung für das Stadtklima sind unversiegelte und nach Möglichkeit beschattete Vegetationsflächen, die auf Dauer aber nur mit ausreichender Wasserversorgung überleben und ihre Funktion erfüllen können. Regenwasser ist eine Ressource, die unentgeltlich zur Verfügung steht, deren nachhaltige Nutzung aber bisher zu wenig beachtet und gefördert wird. Es wird daher ein grundsätzliches Umdenken in der städtischen Planung gefordert, Regenwasser nicht aufwändig als ungewünscht zu entsorgen, sondern Maßnahmen umzusetzen, mit denen mehr abfließendes Niederschlagswasser in der Stadt gehalten und dort für die Verbesserung des Stadtklimas verwendet wird.

Gemäß einer aktuellen Information, herausgegeben vom Ausschuss für Planungsangelegenheiten in Halle, ist im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens die Erarbeitung einer Erschließungskonzeption (Regenwasser) erforderlich. Dafür sind die Versickerungsmöglichkeiten des anfallenden Niederschlagswassers zu prüfen. Es gibt in Halle Beispiele für Bebauungsplangebiete, in denen das Regenwasser in Mulden und Becken gesammelt und vor Ort versickert wird. Ebenso sollte die städtische Planung auch für bestehende Baugebiete innovative Lösungen zur besseren Regenwassernutzung entwickeln und umsetzen.

Der Stadtverband Halle Bündnis 90/Die Grünen fordert die Umsetzung folgender Maßnahmen:

  1. Für alle städtischen Flächennutzungen ist zu prüfen, welches Entsiegelungspotential besteht. Das sollte ein Entsiegelungskataster leisten. Basierend auf dieser Datenerhebung sind möglichst im gesamten Stadtgebiet, besonders aber in den von sommerlicher Überhitzung betroffenen Innenstadtbereichen Maßnahmen zu ergreifen und zu fördern um den Rückhalt von Niederschlagswasser zu verbessern und weniger Wasser über Vorfluter abzuleiten.
  2. Die Reduzierung versiegelter Flächen, Neuanlage von Wasserflächen, verstärkte Begrünung von Gebäuden, schattenspendende Lösungen für Haltestellen und Spielplätze sowie deutlich mehr Bäume in der Stadt würde der Hitzebelastung entgegenwirken. Neuversiegelung ist zu vermeiden oder, falls das nicht möglich ist, durch klimatisch wirksame Maßnahmen in der näheren Umgebung auszugleichen.
  3. Gewerbegebiete wirken sich durch großflächige Hallenbauten und weiträumig versiegelte Park- und Lagerflächen meist besonders ungünstig auf den Wasserhaushalt aus. Flächenpotentiale auf den Grundstücken sollten ebenso wie ungenutzte Dachflächen verwendet werden für zusätzliche Begrünung und Nutzung des Niederschlagswassers vor Ort.
  4. Hochwassergefährdete Gebiete in Halle, dargestellt in den interaktiven Hochwassergefährdungskarten des Landesbetriebs für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (https://www.geofachdatenserver.de/de/lhw-hochwassergefahrenkarten.html), sollen idealerweise ihrem natürlichen Standort entsprechend zu auenähnlichen Parkgebieten entwickelt werden und primär als Verdunstungs- und Versickerungsflächen sowie als mögliches Überschwemmungsgebiet behandelt und gestaltet werden. Minimalforderung ist jedoch die Sicherstellung einer an die bekannten Risiken angepassten Nutzung. Eine Neuversiegelung dieser Bereiche sowie der Neubau vulnerabler Infrastruktur sind unbedingt zu vermeiden, um im Schadensfall unabsehbare Forderungen an die genehmigende Stadtverwaltung auszuschließen.  
  5. Ablaufendes Niederschlagswasser von Dächern uns versiegelten Verkehrsflächen sollten mit intelligenten und minimalinvasiven baulichen Eingriffen bzw. Gestaltungsmaßnahmen den Bedarfsflächen, also städtischen Grünflächen und Straßenbäumen systematisch zugeleitet werden, um sie so besser mit Wasser zu versorgen. Baumscheiben sollten muldenförmig ausgebildet sein, um Senken für das von Straßen abfließende Wasser zu schaffen und so mittels intelligenter Gestaltung eine Bewässerung mittels Gravitation zu ermöglichen.
  6. Gehsteige und Platzplatzflächen sollten mit Belägen versehen werden, die verbesserte Infiltrationseigenschaften aufweisen.  Abfließendes Niederschlagswasser sollte in anliegende Grünflächen, Baumscheiben usw. geleitetet werden.  Weiter sind wasserdurchlässige Flächenbefestigungen zu bevorzugen und Flächenversiegelungen auf unbedingt notwendige Flächen zu beschränken.
  7. Dächer sollten möglichst begrünt werden, um den direkten Abfluss von Niederschlagswasser zu verringern, zu verzögern und so indirekt die Aufheizung durch vollversiegelnde Dachbedeckungen zu verringern, idealerweise kann dies mit der Energiegewinnung durch PV kombiniert werden, deren Effizienz durch den Kühleffekt erhöht wird.
  8. Baumscheiben, Pflanz- und Wurzelräume sind nach Möglichkeit zu vergrößern, umso die Trockenheitsresistenz von Grünstreifen, Pflanzbeeten und Straßenbäumen durch das ohnehin zur Verfügung stehende Niederschlagswasser zu erhöhen und kostspielige manuelle Bewässerungsmaßnahmen zu minimieren. Solche Maßnahmen sollten bei ohnehin erforderlichen Baumaßnahmen im öffentlichen Straßenraum vorgenommen werden 
  9. In den Prozess der Bauleitplanung und Baugenehmigungsverfahren ist der nachhaltige Umgang mit Niederschlagswasser einzubeziehen und letztendlich vorzuschreiben. Für einen zukunftsfähigen Umgang mit nicht schädlich verunreinigten Oberflächenwasser ist es erforderlich den Bebauungsplan zukünftig mit einem wasserwirtschaftlichen Begleitplan zu ergänzen. Ziel dieser Maßnahme ist, die Einleitung von Regenwasser zu minimieren und das Regenwasser zur Bewässerung der Grünflächen und Baumbestände zu nutzen. Die Umsetzung hat durch intelligente Versickerungssysteme, Zisternen oder auch vermehrt mit Dach- und Fassadenbegrünung zu erfolgen.
  10. Der finanzielle Vorteil bei den Niederschlagseinleitgebühren sollte sich nicht nur bei dem Einsatz von Zisternen und dem Rückbau von versiegelten Flächen bemerkbar machen, auch die Verwendung von Versickerungssystemen und Dach- und Fassadenbegrünung sollte mit einem finanziellen Anreiz versehen sein
  11. Es sollte mehr Öffentlichkeits- und Aufklärungsarbeit zum Thema Regenwasser und dessen ökologischer Nutzung erfolgen. Regenwasser sollte als wertvolle Ressource bei immer trockener werdenden Sommern betrachtet werden.  
  12. Wir erwarten vom Dienstleistungszentrum (DLZ) der Stadt Halle/S., die Angebote zur Information und Beratung im Zusammenhang mit Entsiegelungs- und Begrünungsmaßnahmen und jeglichen Umbaumaßnahmen zur besseren Nutzung von Regenwasser und Vermeidung von Hochwassersituationen zu verbessern. Alle Möglichkeiten der Förderung und Unterstützung sind transparent abzubilden und die Möglichkeit einer kostenlosen vor-Ort-Beratung sollte die Beratungstätigkeit des DLZ ergänzen.