Grüner Rundgang zum Datenschutz in Halle

Überall im Alltag hinterlassen wir Datenspuren: beim Telefonieren, beim Surfen im Internet und sogar beim Einkaufen. Auf der Straße, im Kaufhaus und in der Straßenbahn werden wir von Kameras gefilmt. Doch wo genau? Und wer hat Zugang zu diesen Daten? Welche Begehrlichkeiten werden durch sie geweckt? Und wo können wir uns wie vor Missbrauch unserer Daten schützen?

Um diesen Fragen naher zu kommen, luden BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Grüne Hochschulgruppe Halle (GHG) am 16. Dezember 2010 zu einem Rundgang durch Halle mit Malte Spitz (Mitglied im Bundesvorstand von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Sebastian Lüdecke (Studentisches Mitglied des Akademischen Senats der Martin-Luther-Universität) ein. An drei exemplarischen Orten sollte gezeigt werden, wo in Halle im öffentlichen Raum Daten gesammelt werden und wie dies aus Sicht des persönlichen Datenschutzes zu bewerten ist. Einige Punkte der Ausführungen sind im Folgenden zusammengefasst:

Universität

Noch immer kommt es vor, dass Prüfungsergebnisse mit Matrikelnummern oder gar unter dem vollen Namen öffentlich ausgehängt werden. Datenschutzlücken sind jedoch auch bei den Internetportalen, mit denen das Studium verwaltet wird, möglich: „StudIP“ und „Löwenportal“ sind nur begrenzt vor Hackern sicher und persönliche Daten können zu oft eingesehen werden. An vielen Stellen ist es bisher nicht möglich, Daten nachprüfen oder löschen zu lassen. Damit die Daten der Studierenden sicher sind, ist eine Kultur des Datenschutzes nötig, die so bisher nicht an der Uni Halle existiert.

Einkaufen

Mitten im winterlichen Einkaufszauber locken die Geschäfte mit Kundenkarten, die auf lange Sicht Rabatte und Geschenke bringen sollen. Diese Karten dienen jedoch nicht nur der Kundenbindung, sondern haben einen weiteren wichtigen Zweck: mit den Karten werden Daten zum Einkaufsverhalten der einzelnen Kunden gesammelt. Diese Daten können kombiniert und weiterverkauft werden. So bietet z. B. eine Firma im Schnitt 200 Daten pro BundesbürgerIn zum Verkauf an.
Aus diesen mitunter sehr persönlichen Daten lassen sich vielfältige Schlussfolgerungen ziehen, wenn sie z. B. zeigen, in welcher Wohnlage der Kunde oder die Kundin zu Hause ist, wieviel Windeln, Kondome und Alkohol man kauft, wievielt man tankt oder wohin man verreist Diese Daten liegen bisher außerhalb der Kontrolle der Bürgerinnen und Bürger, doch sie können handfeste Konsequenzen haben, z. B. wenn man Kredite oder Telefonverträge, Jobs oder Wohnungen wegen einer ungünstigen Datenlage nur zu erhöhten Preisen oder auch gar nicht mehr bekommen kann. 
So sind Kundenkarten zwar kein Teufelszeug, bieten aber versteckte Kosten und Gefahren, die man bei der Anschaffung jeder Karte unbedingt mit abwägen sollte.

Stadt und Verwaltung

Ein fragwürdiges Thema in der Verwaltung ist der neue Personalausweis, der verschiedene Dienstleistungen bietet, wie z.B. eine elektronische Signatur oder eine Bezahlfunktion. Viele dieser Dienstleistungen sind im Grunde genommen sinnvoll, gehören jedoch nicht auf eine hoheitliches Dokument wie den Personalausweis, denn auf diese Weise werden ganz unterschiedliche Daten kombiniert und die Bürgerinnen und Bürger haben beim elektronischen Ablesen keine Kontrolle mehr darüber, welche Daten von ihnen weitergegeben werden.
Ein weiterer Aspekt, der sich am Ratshof in Halle aufdrängt, ist die Überwachung des Marktes durch Kameras auf dem Ratshof und an den Hausmannstürmen. Solcher Überwachung auszuweichen ist heute fast unmöglich. Dabei stellen sich folgende Fragen: Entspricht die Überwachung dem Zweck, den sie erzielen soll, oder wäre es z. B. zur Verbrechensbekämpfung nicht effektiver, Polizeibeamtinnen und -beamte einzusetzen? Sind die Persönlichkeitsrechte z. B. von Anwohnern und Anwohnerinnen gesichert, so dass keine Hauseingänge und Fester gefilmt werden?

Dass Missbrauch möglich ist, zeigte vor einigen Jahre z. B. der Fall einer Überwachungskamera der Museumsinsel in Berlin: Mitarbeiter schauten über Jahre hinweg in die Privatwohnung von Angela Merkel.

Joachim Langner

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