Kapitel 09 – Haushalts- & Wirtschaftspolitik überdenken

Inhalt: 

In Bildung, sozialen Zusammenhalt und eine ökologische Wende investieren

Die Stadt Halle leidet immer noch unter stark eingeschränkten Gestaltungsspielräumen aufgrund von Altschulden, Fehlentscheidungen in der Vergangenheit und mangelnder Aufgabenkritik. Dies zeigt sich an vielen Stellen, wie etwa bei der maroden Infrastruktur und bei der unzureichenden personellen Ausstattung vieler Verwaltungsbereiche oder Kultureinrichtungen. Die Unterstützung sozialer Einrichtungen wird selten verbessert und allzu schnell in Frage gestellt.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen, dass der Stadtrat in Zusammenarbeit mit der Verwaltung zukünftig für mehr Gestaltungsspielräume im Haushalt sorgt. Voraussetzung hierfür ist, dass das Land die Stadt Halle entsprechend ihrer Aufgaben und überregionalen Bedeutung finanziell ausstattet, wie es die Landesverfassung vorsieht. Wir begrüßen, dass die Landesregierung mit Beteiligung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Zuweisungen für die Kommunen erstmals seit Langem wieder erhöht hat. Dennoch wird es angesichts zukünftig strengerer Anforderungen an die Kommunalhaushalte für Halle zunehmend schwieriger, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, wodurch die unzureichende finanzielle Ausstattung deutlich wird.
Außerdem müssen Stadtverwaltung und Stadtrat eine konsequente Aufgabenkritik auf der Grundlage von Vergleichszahlen und Qualitätszielen betreiben. Die Verwaltung soll städtische Aufgaben im Regelfall aus eigener Kraft erfüllen und nicht Leistungen Dritter einkaufen. Daher fordern wir auch die erneute Etablierung eines städtischen Bauhofes. Neue Schulden sollten nur aufgenommen werden, wenn es sich um nachhaltige Investitionen in die Infrastruktur handelt.
Investitionen wollen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so umsteuern, dass Verbesserungen für den Klimaschutz, die Luftreinhaltung und Lärmminderung erreicht werden. Vor allem in der Verkehrsplanung müssen Mittel in verbesserte Bedingungen für den Fuß- und Radverkehr und den ÖPNV investiert werden.
Haushaltsmittel unterliegen als Steuermittel der Steuerung und Kontrolle des demokratisch gewählten Stadtrats. Der Stadtrat hat daher die Budgethoheit und entscheidet über Ausgaben. Er wird jedoch allzu oft in seiner Budgethoheit durch Alleingänge der Verwaltung und anberaumte Eilentscheidungen ohne Alternativen beschnitten. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern eine Investitionsprioritätenliste, die vorrangige Ziele im Haushalt festlegt.
Auch die Auftrags- und Fördermittelvergabe an Dritte muss fair und gegenüber dem Stadtrat und den Bürger*innen hinreichend transparent erfolgen. Sponsoringeinnahmen und ausgaben der städtischen Gesellschaften sollten offengelegt und eine demokratische Entscheidung über die Mittelverwendung ermöglicht werden.

Städtische Unternehmen stärken

Die städtischen Unternehmen nehmen für die Stadt wichtige Aufgaben wahr. Insofern ist Halle in der glücklichen Lage, über handlungsfähige städtische Unternehmen zu verfügen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich gegen einen Verkauf von Anteilen städtischer Gesellschaften ein, die wesentliche Aufgaben für die Stadtgesellschaft (zum Beispiel bei der Energieversorgung und der Stadtentwicklung) erfüllen.
Die Steuerung der städtischen Unternehmen obliegt der Stadt als Gesellschafterin. Allzu oft werden die Gesellschafterziele allerdings allein in den Aufsichtsräten oder durch die Verwaltungsspitze und nicht auf der Grundlage von politischen Entscheidungsprozessen im Stadtrat vorgegeben. Vorgaben der Haushaltskonsolidierung machen andere als wirtschaftliche Zielsetzungen oft chancenlos. Besonders die Beiträge der Wohnungswirtschaft zur Haushaltskonsolidierung sehen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kritisch. Nach unserer Vorstellung müssen die städtischen Unternehmen in die Lage versetzt werden, Motor einer sozialökologischen Wende in der Stadt zu sein.

Wirtschaftsförderung – Mit Halles Stärken punkten

Die Wirtschaftsförderung in Halle hat in der Vergangenheit vor allem auf die Ansiedlung großer Investoren gesetzt und hierfür erhebliche Summen an Steuermitteln eingesetzt. Eine Bilanz der Erfolge ist bis jetzt nicht erfolgt. Auch wenn Ansiedlungen gelungen sind, bezweifeln wir, dass sich diese Strategie nachhaltig auswirkt und auszahlt. Die Kosten unnötiger Repräsentation für die Anwerbung von Großinvestoren sollen gesenkt werden. Ein Immobilienmanagement für Flächen der Stadt, des Landes und privater Eigentümer soll Investoren die Ansiedlung erleichtern.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen ein Umdenken bei der Wirtschaftsförderung hin zur Berücksichtigung der Belange ansässiger Unternehmen und eine Ansiedlungspolitik, die innerstädtische Flächen nutzt und Entwicklungspotenziale wahrnimmt. Ausweisungen neuer großflächiger Gewerbegebiete stehen wir, auch aufgrund des Flächenverbrauchs und der zunehmenden Versiegelung, kritisch gegenüber. Der Neuausweisung von Gewerbeflächen „auf der grünen Wiese“ ist die Entwicklung von innerstädtischen Brachen vorzuziehen. Neue Gewerbegebiete sollen auf ihre Auswirkungen auf Verkehr und Flächenverbrauch eingeschätzt werden.
Der städtische Einzelhandel und ansässige Unternehmen leiden unter einer vernachlässigten und konzeptionslosen Innenstadtentwicklung. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich daher für eine Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts ein. Neue großflächige Verkaufsflächen für innenstadtrelevante Sortimente außerhalb der Innenstadt lehnen wir ab.
Außerdem stellt der verschleppte Breitbandausbau ein ganz erhebliches Hindernis für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt dar. Bereits seit vielen Jahren setzen sich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hier für ein abgestimmtes Vorgehen der Stadtverwaltung mit den Unternehmen ein, um ein schnelles Internet für alle Bürger*innen zu ermöglichen.
Halle muss mit seinen Stärken als lebenswerte Stadt weiterhin punkten können. Hierzu gehören wichtige Standortfaktoren wie gute Kitas, Bildung, Hochschulen und Kultur. Diese machen die Stadt auch für Unternehmen attraktiv und müssen daher gestärkt und nach vorne gestellt werden.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lehnen den Saalekanal weiterhin ab, da von diesem keine Vorteile für die Stadt zu erwarten sind und dieser einen weiteren Ausbau von Saale und Elbe nach sich zieht.

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