Vom kurzen zeitlichen Fenster, in dem alles möglich schien

Zur 30. Jährung des Programmparteitages der Grünen Partei in der DDR (9.-11.2.1989) trafen sich auf Einladung von Bündnis 90/Die Grünen Halle (Saale) Gründungsmitglieder, Wegbereiter*innen und Interessierte, um die Erinnerung an diesen für Halle so bedeutsamen Abschnitt parteigrüner Entwicklungsgeschichte zu beleben. Als Beteiligte aus Halle berichteten aus der damaligen Zeit Matthias Weiland, Henry Schramm, Ulrike Rühlmann und Christian Feigl. Außerdem konnten aus Berlin die Mitgründer des Netzwerks Arche in der DDR Carlo Jordan und Jochen Bona begrüßt werden.

Dem Programmparteitag in Halle (Saale) ging der Gründungsaufruf vom 5.11.1989 und die anschließende Gründung der Grünen Partei in der DDR am 23./24.11.1989 voraus. Die Wirkung des Aufrufs, der gestern zur Einleitung der Veranstaltung noch einmal vorgetragen wurde, fasste ein Anwesender treffend zusammen: Er sei ganz ergriffen von der Zwecklosigkeit der Präambel, in dem Sinne, dass sie nicht von den Interessen einer Gruppe geleitet wurde, sondern von Überlegungen, die alle gleichermaßen betreffen

Gezeigtes Bild- und Filmmaterial von den drei Tagen Programmsuche machten die damalige Aufbruchsstimmung greifbar. Es kamen damals Grüne Mitglieder aus der BRD, aus Belgien und aus dem Ostblock zur Unterstützung; brachten Technik und Erfahrung mit. Die Hallenser Grünen nahmen sie für die Tage bei sich auf. Das Neue Theater, in dem der Programmparteitag stattfand, wurde vom damaligen Leiter kostenlos zur Verfügung gestellt. Auf die Frage, wie es überhaupt möglich war, in der DDR eine Partei zu gründen, antwortete Mathias Weiland: „Es war alles hundertprozentig unklar“, was auch der Grund dafür war, dass einige Mitglieder die Nächte im NT ausharrten aus Angst, wichtige Materialien und Geräte würden entwendet.

Der Rückblick auf diese Tage zeigte eines ganz deutlich: Halle hat sich zwar über die Jahre stark gewandelt – so erinnert sich Christian Feigl noch, dass er die Saale früher nur mit großen Schaumbergen kannte, und Henry Schramm merkte an, der Gestank in der Gegend sei so beißend gewesen, dass man riechen konnte, wann der Zug Halle erreichen würde. Aber die Forderungen, die damals formuliert wurden, haben frustrierender Weise nichts von ihrer Aktualität eingebüßt. Der Rückblick auf die Gründung der Grünen Partei in der DDR lässt Ulrike Rühlmann deshalb mit einem eher resignierenden Eindruck zurück: Es sei etwas traurig, wie schnell dieses kurze Fenster, in dem alles möglich schien, zu Ende ging.

Die Ereignisse um die Gründung der Grünen Partei in der DDR als einen wichtigen Grundstein zu würdigen, auf dem die heutige Partei Bündnis 90/Die Grünen gebaut wurde, war das Anliegen der gestrigen Veranstaltung. Wir werden auch weiterhin mit aller Energie für die Verwirklichung der damaligen wie heutigen Forderungen einstehen.